Zwischen 1996 und 2000 siedelten sich in Deutschland die bis dahin als
ausgestorben geltenden Wölfe wieder an.

Seit 2011 sind die ersten Wölfe in Niedersachsen wieder heimisch. In derzeit 49 Territorien in Niedersachsen leben 44 Rudel, ein Paar und vier Einzelwölfe. Die Wiederansiedlung des Wolfes ist erfolgreich gewesen, hat sich aber mittlerweile zu einem Konflikt zwischen Wolf und Mensch sowie zu einer besonderen Herausforderung im Bereich der Weidetierhaltung entwickelt. Hier müssen kurz-, mittel- und langfristig Antworten gegeben werden.

Die empfohlenen Maßnahmen zum Schutz von Weidetieren können in vielen Regionen aufgrund von örtlichen Gegebenheiten und Vorgaben nicht flächendeckend umgesetzt werden. Besonders im Bereich der Küste ist dies aufgrund des notwendigen Küstenschutzes ein großes Problem. Die wirtschaftlichen Belastungen der Landwirte sowie der Weidetierhalter durch Wolfsrisse in Gebieten mit hoher Wolfspopulation sind enorm. Insbesondere hier bedarf es über Schutzmaßnahmen hinaus weitergehender Handlungsmöglichkeiten. Diese Sorgen nehmen wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sehr ernst. Aus diesem Grund stellen wir uns einerseits gegen populistische, vermeintlich einfache Lösungen, die suggerieren, dass der bestehende Konflikt beispielsweise durch wolfsfreie Zonen gelöst werden könne. Der Wolf lebt in Niedersachsen und wird hier auch heimisch bleiben. Andererseits leben mittlerweile so viele Wölfe in
Niedersachsen, dass ein Bestandsmanagement zur Begrenzung der Zahl der Wölfe nötig ist. Für uns ist klar, dass der günstige Erhaltungszustand in Niedersachsen gegeben ist, was auch durch die Ergebnisse der „Modellbasierten Populationsstudie“ untermauert wird. Für ein transparentes Vorgehen zur Wolfsthematik in Niedersachsen benötigen wir einen umfassenden Vergleich aller nationalen Regelungen in der EU zum Umgang mit dem Wolf. Aus diesem sollte hervorgehen, welche weitergehenden Optionen zur Verfügung stehen, um den Schutz von Weidetieren, Wildtieren und Küste zu erhöhen. Wir begrüßen die derzeit laufenden Dialogformate auf Bundes- und Landesebene. Wir erwarten aber auch gleichzeitig zügig konkrete Schritte:

1) Das europäische Recht ist dahingehend anzupassen, dass ein regionales Bestandsmanagement, analog den Grenzen der Bundesländer, ermöglicht wird.

Hierzu bedarf es:

• einer klaren Positionierung auf Bundesebene, dass eine solche Änderung auf EU-Ebene beantragt wird und

• einem Fahrplan, aus dem hervorgeht, welcher zeitlicher Rahmen dem Verfahren zu einer solchen Änderung hinterlegt wird.

2) Der Wolf ist für Niedersachsen in den Anhang V der FFH Richtlinie umzustufen. Die EU-Kommission und insbesondere die EU-Kommissionspräsidentin stehen in der konkreten Verantwortung, endlich zu handeln.

3) Sogenannte Problemwölfe müssen gezielt entnommen werden können. Der Bund muss die zu hohen Hürden im Bundesnaturschutzgesetz abbauen. Der Bund muss ebenso Gespräche mit der EU aufnehmen, damit das Bundesnaturschutzgesetz und die Landes-Jagdgesetze verändert werden, um die Entnahme von Wölfen im zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit Nutztierrissen oder Annäherungen an Siedlungsgebiete weitestgehend zu ermöglichen.

4) Herdenschutzmaßnahmen, insbesondere durch Zäune und Herdenschutzhunde, müssen schnell und auskömmlich gefördert werden. Darüber hinaus müssen Mittel bereitgestellt werden, um die hohen tierärztlichen Kosten für verletzte, aber nicht getötete Weidetiere aufzufangen. Im Sinne einer schnelleren Handlungsfähigkeit fordern wir eine Beweislastumkehr. Wird ein Wolfsriss durch die Wolfsberaterinnen und Wolfsberater als wahrscheinlich erachtet, so können unverzüglich die weiteren Schritte eingeleitet werden.

5) In Gebieten mit temporären Hotspots von Wolfsangriffen sollte aufgrund von sofortigen Besichtigungsgutachten durch Wolfsberaterinnen und Wolfsberater eine Entnahme von Wölfen zur Regulierung kurzfristig

ermöglicht werden.

6) Dem Deichschutz muss eine besondere Bedeutung beigemessen werden. Zusätzlich sind in Gebieten, in denen klassische Herdenschutzmaßnahmen nicht möglich oder unverhältnismäßig sind, zusätzliche Schutzmaßnahmen zu ergreifen.

7) Eine sofortige Feststellung des Erhaltungszustandes des Wolfes in Niedersachsen.

8) Die vom NLWKN initiierte „Modellbasierte Populationsstudie über den Wolf in Niedersachsen, als Teilaspekt zum Erhaltungszustand in Deutschland“ kann als Grundlage für eine Regulierung der Wolfsbestände in Niedersachsen genommen werden.